Ein Beitrag über ethische Fragen zu Xentotransplantationen. Von Miriam Fischer

Am 7. Januar 2022 gelang bei einem schwer vorerkrankten Mann in den USA zum ersten Mal eine Xenotransplatation mit einem Schweineherz

Angesichts der Tatsache, dass weltweit viele schwerkranke Menschen auf ein passendes Spenderorgan warten, die aber Mangelware sind, könnten genmodifizierte Tierorgane die langersehnte Lösung sein. Könnten Xenotransplantationen in Zukunft also das immense Knappheitsproblem, das wir in Bezug auf verfügbare Organe haben, lösen? Könnten dadurch auch die Gerechtigkeitsprobleme, die sich aus der Frage ergeben, wer ein Organ erhält und wer nicht, behoben werden? Könnten Xenotransplantionen vielleicht sogar in Zukunft die oft risikoreichen und unter Zeitdruck stattfindenden Transplantionen mit menschlichen Organen ersetzen? Viele ethisch relevante Fragen, die einer Reflexion bedürfen.

Ethische Bedenken gibt es zu Xenotransplantationen in vielerlei Hinsicht: Die grundsätzlichste Frage ist die, ob der Mensch sein eigenes Recht auf Leben über das Recht eines Tieres setzen darf

Dürfen wir Tiere als Mittel zum Zweck benutzen? In Bezug auf den Menschen muss man sich fragen, ob man in dieser Form in den Körper eingreifen darf. Denn genetisch betrachtet, schafft man auf diese Weise eine Chimäre aus Zellen verschiedener Spezies. Doch wie viele Tierzellen verträgt ein Mensch? Und nicht zuletzt: Das Herz hat für uns Menschen einen hohen Bedeutungsgehalt im metaphorischen Sinn. Es kostet bereits eine große Überwindung, das Herz eines anderen Menschen in sich zu tragen; mit dem Herzen eines Schweines in der Brust zu leben, dürfte für viele eine noch viel größere Hemmschwelle darstellen.

Derartige Notzulassungen dürfen nicht automatisch den Weg für weitere derartige Eingriffe ebnen

Anlass für Fragen gibt uns die erste erfolgreiche Schweineherztransplantation im Bereich der Xenontransplantationen also in jedem Fall. Wichtig ist, dass solche per Notzulassung genehmigten Präzedenzfälle nicht automatisch den Weg für weitere derartige Eingriffe ebnen dürfen. Wir müssen die entsprechenden medizinethischen Reflexionen führen, um zu vermeiden, dass im Weiteren alles, was grundsätzlich möglich erscheint, auch gemacht wird. – Nicht zuletzt deshalb: um solche und andere Fälle zu reflektieren, bietet die Thales-Akademie für alle im Gesundheitswesen Beschäftigten die Weiterbildung Medizinethik an.

 

Miriam Fischer ist Philosophin und Medizinethikerin an der Thales-Akademie. In der Badischen Zeitung erschien am 14.01.2022 ein Interview mit ihr zum Thema Xenontransplantationen: https://www.badische-zeitung.de/ethische-bedenken-gibt-es-in-vielerlei-hinsicht–207926412.html